Der Canal Grande ist auf seinem Verlauf in gekrümmte und liniear verlaufende Abschnitte eingeteilt. Stadtplaner Klaus Humpert erwähnt in seinem Buch „ Die Enteckung der mittelalterlichen Stadtplanung“ radial angelegte Kanalstrukturen. Wo dies Radien ihre Zentren haben und wie diese in das komplette mittelalterliche Planungsprinzip Venedigs passen wird anhand von mehreren Skizzen erklärt.
Für den Bau des Canal Grande folgte man dem ungefähren Verlauf eines Priels des Flusses Brenta. Zwischen den Lagune-Inseln wurde mit Pfählen der zukünftige Verlauf des Kanal abgesteckt
und befestigt. Die Inseln wurden als Campo nicht bebaut und dienten als Weide und Grünfläche.
Als Planungsgerippe wurde ein großes Pentagramm im Sumpfabgesteckt. Die Campos dienten als kleine Plätze um die die ersten Häuser errichtet wurden.
1) Der nördliche Pentagrammspitzen liegt am Punkt wo der Canal Grande und der Kanal des Canareggio zusammentreffen, unmittelbar in der Nähe der Chiesa San Geremia.
2) Der Mittelpunkt des nördlichen Canal Grande Verlaufs befindet sich in der Ramo Casetti auf dem Grundstück von Hausnummer 66. Auf dem Luftbild sieht man im Innenhof ein außergewöhnliches Mosaik ,dessen Zentrum den Radiusmittelpunkt markiert.
3)Das Portal der Chiesa San Stefano , es ist der Mittelpunkt des südwestlichen Kanalbogens.
4) Die Rialtobrücke; sie liegt in ihrem Verlauf auf einer vorrangigen Konstruktionsachse.
5) Ebenso die Brücke der Accademia. Anstelle einer Eisenbrücke aus dem 19. Jahrhundert steht dort heute eine Holzbrücke.. Bereits im 15 Jahrhundert gab es Planungen für eine Ponte am selben Ort. Möglicherweis e war bis zum Brückenbau vor Ort eine Traghetto- Stelle. Die fast kostenlosen Gondel- Linien gibt es seit der Gondoliere-Tradition im 13. Jahrhundert. Die noch existierenden Traghetto - Stellen liege ausnahmslos an Konstruktionslinien und bilden eine gedachte Linie durch den Canal.
Der Rio Terra Foscarini, ein zugeschütteter ehemaliger Kanal folgt einer Konstruktionsachse von Süden her bis zur Ponte Accademia.
6) Punta Dogana liegt auf besagtem Dreispitz vor der Kirche Santa Maria della Salute ,im Becken von San Marco
7) In der Nähe des Krankenhaus von Venedig befindet sich in einem größeren Innenhof ( Calle Torelli 63) eine Zisterne , die markiert den nordöstlichen, großen Pentagramm-Spitzen.
8) Die westliche Pentagrammspitzen
Die Konstruktionspunkte der Lagunenstadt sind heute noch sichtbare markante stellen. So liegen z, b auf öffentlichen Plätzen häufig die Zisternen auf den Schnittpunkten der
Unterpentagramme .
Ab dem 13. Jahrhundert war es die Aufgabe der Brunnenbauer -Gilde , der Pozzieri ,die Trinkwasserzisternen der Stadtbewohner anzulegen. Von über 6200 Zisterne von denen
es heute noch ca.5200 gibt, waren jedoch lediglich 180 Stück öffentlich. Einige, an zentralen Plätzen waren von Beginn des Städtebaus notwendig , da das Regenwasser nicht nur
als Trinkwasser benötigt wurde sondern auch für den Bau der Stadt. Für das Anmischen von Mörtel , Ziegellehm oder das Löschen von Kalk war Salzwasser völlig ungeeignet. Ebenfalls
durfte das wertvolle Werkzeug nicht mit dem Brackwasser in Verbindung gebracht werden. Der Salzwasser resistente venezianische Ziegelmehlputz hätte bei Vermengung
mit Salzwasser nie abgebunden. Man benötigte also nicht nur um den Durst zu löschen bereits große Mengen an gespeichertem Regenwasser. So kann man die Anlage
der ersten Zisternen mit den ersten Bautätigkeiten in Verbindung bringen. Die Lage dieser Brunnen mit ihrem gepflasterten Einzugsbereich war von zentraler
Wichtigkeit. Wir finden recht schnell die großen Zisternen auf dem Campo San Giacomo all, Orio ( 2 ) und auf dem Campo Santa Maria Formosa ( 3 ). Im Stadtsechstel Dorsoduro bildet
das Portal der Kirche San Sebastiano ( 1 ) einen solchen Markierungspunkt auf der einst separaten Insel Angelo Raffaele .
Die größeren Campos, welche einst alle Grünland waren, liegen mit ihren Häuserfronten meist auf den Konstruktionslinien, gut sehen wir dies bei Rialto ( 1 ), Campo
San Stefano ( 4 ) , San Giacomo, San Polo ( 6) sowie beim Campo Santa Margherita, um nur einige zu nennen.
Der radial gekrümmte Rio Marin im Stadtsechstel Santa Croce hat seinen Pentagramm -bedingten Mittelpunt an der Traghetto -Ablegestelle nach San Marcuola.
Auch die Krümmung des Rio San Giacomo all` Orio geht aus einem Schnittpunkt der gleichen Geometrie hervor. Beide Kanäle wurden laut Chronist Gallicciolli zu Beginn des13. Jahrhunderts von
Hand ausgegraben. Die Hochzeit des Städtebaubooms machte auch nicht vor der einflussreichen Handelsstadt im Wasser halt.